Ein rumpeliger Haufen kleiner Jungs, die als Gruppe dezent orientierungslos wirken und unsicher sind. Alleine versuchen einzelne der Elf- oder Zwölfjährigen auch mal cool oder vorlaut zu sein. In der Gruppe trauen sie es sich aber noch nicht.
Unerwartete Liebe
Mamamotzt liebt diese kleinen Fußballfreaks unerwartet sehr!
Bis zum ersten Spiel direkt nach den Sommerferien kannte sich die Mannschaft noch nicht, gemeinsames Training gab es nicht, dementsprechend uneingespielt ist der D-Jugend-Trupp immer noch. Eine Spielgemeinschaft aus vielen Dorf-Sportvereinen zusammengewürfelt.
Für Fußball kann Mamamotzt sich nicht wirklich erwärmen, die ersten Eindrücke beim Schnuppertraining bestätigten auch alle Vorurteile. Aber es kam anders …
Bunte Truppe
Doch die kleinen Jungs haben es ihr angetan und ihre Unterstützung gewonnen. Sie kommen aus unterschiedlichen Dörfern und auch aus unterschiedlichen Ländern. Von mehreren sprechen die Eltern kaum oder kein Deutsch.
In der Chat-Gruppe fragen diese Jungs dann: „Mein Vater kann nicht fahn. Wer kann misch mitnem?“
Andere Kinder werden zu jedem Training gefahren und besitzen eine komplette Bundesliga-Trainingsausrüstung. (1 Shirt ca. 75 Euro! ..)
Fußball als Integrationsprojekt
Bei einem Spiel trafen sie auf eine Mannschaft, in der zwei Spieler relativ kurz in Deutschland leben. Die beiden verschmolzen mit dem Ball, umtänzelteten jeden Gegner, waren immer präsent, schnauften nie, zeigten eine atemraubende Leichtigkeit im Spiel und hinterließen einen mundoffenstehenlassenden Eindruck bei allen Beteiligten, weil sie einfach schön spielten. Die gegnerische Mannschaft gewann, und einer der beiden fragte auf dem Weg in die Kabine: „Wir gewinnt, ja?“ (Auf der D-Jugendebene fallen noch viele Tore, aber die Schiedsrichter sind Laien und erkennen nicht jeden Treffer an. Das Ergebnis dieses Spiels kannte tatsächlich nur der Schiri, alle Zuschauer hatten anders gezählt, insofern eine berechtige Frage und mit wenig Sprachkenntnis alles wichtige angesprochen.)
In der Mannschaft vom Brillanten stehen Eltern an der Bande und feuern auf russisch und armenisch, deutsch, türkisch und arabisch an. Kleine, rothaarige Geschwister fiebern darauf, dass der große Bruder noch einen Schluck Sportgetränk für sie in der Flasche übrig lässt. Unbekannte Eltern rufen sich gegenseitig aus dem Stau an und bitten, ob man sehr spontan in einer Schleife fahren könne und das eigene Kind zum Punktspiel abholen. Fremde Eltern kontaktieren Jungen per Smartphone, von denen sie wissen, dass es mangels Sprache und Mobilität mit dem Einsatz beim Auswärtsspiel sonst schwierig wird.
Ziemlich herzerwärmend, denn: bis vor sechs Wochen waren sich alle fremd!
Im Moment wächst da eine wunderbare Spielgemeinschaft zusammen. Keine verbissenen Eltern, keine bösen Auseinandersetzungen mit Schiedsrichtern oder gegnerischen Teams am Spielfeldrand, sondern eine wirklich unerwartet hilfsbereite Truppe.
Sport als Lebenshilfe
Der geliebte Trainer verordnet den Jungs eine Dusche nach dem Sport. (Die könnten sonst auch gut ohne … 😉 ) Wehe, einer hat Handtuch oder Duschgel nicht dabei, es kommt ihm kein Stinker vom Platz! Mit Handschlag begrüßen und verabschieden, Körperhygiene und Mithilfe beim Auf- und Abbau. Der Verein weiß aus Erfahrung, dass bei Jungen in diesem Alter Weichen für´s Leben gestellt werden und dass ein Trainer oft mehr Einfluss hat als die eigenen Eltern zu Hause. Pubertät lässt grüßen. Wer nicht spurt, steht beim nächsten Spiel daneben. Das zieht!
Doch, dieses „Fußball“ gefällt Mamamotzt unerwartet gut.
Und dem Brillanten gefällt es so gut, wie erhofft. Er ist überraschend flink und ausdauernd und verblüfft durch dusseligen Gesichtsausdruck bei unerwarteter Sprintstärke. Mal um mal bleibt ein Gegenspieler verdutzt zurück, weil es nicht vorstellbar ist, wie schnell der Brillant den Platz gewechselt und ihm den Ball abgeluchst hat.
Technisch könnten weitere Trainingseinheiten allerdings nicht schaden …
Familienfreude am neuen Hobby
Bislang finden auch die anderen Brillanten dieses Fußball unerwartet interessant. Man findet in jedem Match einen Spieler, den man beobachten kann, beißt sich optisch am Schiri fest oder beschäftigt sich mit dem Warmhalten der Auswechselspieler usw. usf.
Ohne einen Satz zum Ex geht es nicht: wüsste er, wie prima der Brillant sich macht, würde er sich sicher gerne mit diesen Federn schmücken („sein Talent vererbt“). Die zeitraubenden Trainingseinheiten und Auswärtsspiele würde er sicher ohnehin „leider“ nicht begleiten können. Aber es ist ihm auch noch nicht eingefallen, mal zu fragen, wie es denn so läuft und wo und wann der Brillant spielt. Und wer nicht fragt, der erfährt eben nichts. Immerhin weiß er, dass der Brillant spielt. (Mitteilungspflicht erfüllt.)
Möge der Familie die Freude an diesem neuen Hobby lange erhalten bleiben!