Das neue Schuljahr beginnt

 

Abends vor dem ersten Schultag steht die lange Schlange müder, alleinerziehender Mütter nach ihrer unqualifizierten Vollzeitarbeit zehn Minuten vor Schließzeit des Bücherladens an der Theke und bezahlt nach Luft japsend und auf Kontodeckung hoffend einige hundert Euro für den Bücherbeifang, die Hefte und Bücher, die selbst angeschafft werden müssen.

Für eine „günstige“ Leihgebühr im dreistelligen Bereich konnten sie den Rest in der Schule ausleihen.

Einige wirken verzweifelt und sehr matt.

An der Supermarktkasse reiht sich die Mütterschlange wieder hintereinander auf. Noch ein frisches Brot und Äpfel für die erste Pause nach den Sommerferien besorgen.

Es wird die ersten Tage auch ohne Brotbelag gehen.

Lokale Ganztagsbetreuung

Resümee der lokalen Ganztagsbetreuung, ein Drama.

Erzählt anhand dreier Kinder einer Familie und der Erfahrung aus einigen Jahren Elternvorstandsarbeit bis auf Regionsebene.

Die Krippe beherbergte K3 nur bis mittags. (Ganztagsplätze reserviert für Familien mit arbeitenden Vätern, keine Chance für die arbeitende Alleinerziehende. Ohne Worte!)
Der Kitaplatz für K2 zwei Dörfer weiter endete ebenfalls mittags. (Immerhin revolutionär: mit Mittagessen im Kiga!)
Die Grundschule lehnte vehement ab, Erstklässler K1 länger als bis zur vierten Stunde zu betreuen. – Offiziell offene Ganztagsschule (OGS) wurde vor Ort wurde mächtig Druck auf die Eltern ausgeübt, den Ganztag bloß nicht zu nutzen. –
Jahrzehnte einstudierte Strukturen und Rollenmuster lassen sich nicht in wenigen Jahren beiseite wischen. Besonders nicht bei älteren Pädagogen, offenbar.

In den letzten ca. zehn Jahren wurden aufgrund des gesellschaftlichen Drucks alle GS dieser Gemeinde in OGS umgewandelt. Der Durchbruch für arbeitende Eltern!?
Mitnichten!
Unstrukturierte und unqualifizierte Beaufsichtigung, keine Hausaufgabenbetreuung. Formell war die Umwandlung schnell erledigt, aber erforderliche Räumlichkeiten und vor allem Personal war nicht aus der Luft zu greifen. Bezüglich Personal sahen sich weder Land noch Gemeinde in der Pflicht, dafür aufzukommen. Freiwillige Mütter und ältere Hausfrauen wurden überredet, auszuhelfen. (Manche erlitt einen Nervenzusammenbruch, täglich dutzende Kinder konzeptlos zu betreuen ist kein Pappenstiel!)
Lehrer werden über das Land bezahlt, Schulräume stellt die Gemeinde. Nachmittagsbetreuung ist ein neugeborener Zwitter im Pinzettengriff, plumpst ständig runter, niemand hebt sie auf und mag sich kümmern.

Die Schüler erlebten tolle Nachmittage mit ihren Freunden in der OGS, mussten Hausaufgaben aber abends zu Hause erledigen.
-> „Haus-Aufgaben“ eben. (Ein Quell der Freude für vom Tagwerk müde Eltern und Kinder.)
Für Hobbies galt gleiches, abends noch an den langen Tag anhängen oder eben keine nebenschulische „Förderung“.

Transport nach dem Ganztag nach Hause: Auf dem Land ein Problem. Da Nachmittagsbetreuung nicht verpflichtend ist, kam es zu fulminanten Komplikationen mit Bus-Taxi-Eltern-Fahrten und Horden von stehen gelassenen Kindern.

Schnell korrigierte die erste der GS der Landgemeinde ihre Ganztagszeiten offiziell von 16 auf 15 Uhr zurück, obwohl etliche Kinder bis 16 Uhr den Ganztag nutzten – per kompliziertem „Stundenbuchungsmodell“ selbst bezahlt, von wegen kostenlos!
Das regionale Nahverkehrsunternehmen, teure Schulbusse gibt es nicht, passte prompt den Fahrplan an: Der letzte Bus fährt um 15 Uhr statt wie davor um 16 Uhr. Die Kinder kommen nicht mehr auf ihre Dörfer. Die Auslastung der Betreuung in der sogenannten Randstunde sank rapide.

Andere GS reduzierten kurz darauf ebenfalls ihre Ganztagsbetreuung auf 15.30 Uhr oder sogar 15 Uhr und bsp. freitags gar nicht. Weil die Honorarfrage für das Personal immer noch nicht geklärt ist bzw. nicht genug Geld vorhanden ist zur Verfügung gestellt wird.

Der Gemeinderat resümiert inzwischen: Ganztag wurde umfassend ausgebaut, wird aber offenbar nicht gesellschaftlich akzeptiert. Wird in dieser Gemeinde nicht weiter gefördert!

Dem Rechtsanspruch auf frühkindliche Betreuung begegnete man in dieser Gemeinde übrigens mit massiver Schulung von Tagesmüttern. Fast die Hälfte der Krippenkinder sind bei Tagesmüttern untergebracht. (Langzeitarbeitslose wurden mit dieser Maßnahme wunderbar in den Arbeitsmarkt integriert, Klagen wegen Rechtsanspruch ist damit ebenfalls zu 100% vorgebeugt. Wer bei einem Kettenraucher mit großen Hunden oder im 5. Stock den liebevollen Tageselternplatz ablehnt, hat es wohl nicht nötig. Been there, done that!)

Als Beteiligte in diversen Gremien und aufgrund der qualifiziert grunddämlichen Kommentare diverser männlicher Mitentscheider ploppt bei Mamamotzt manchmal Zweifel am Entwicklungsstand der Nation auf.

Der Wert von Kindererziehung ist gesellschaftlich offenbar nur durch wenig zu unterbieten und ist durch noch viel weniger auch nur ein Mü steigerbar.
(Der geneigte Leser möge beachten, dass er zu Mamamotzts Filterbubble gehört und das Thema anders betrachtet. Doch draußen in der realen Welt weht der Wind der Realität und kühlt enorm.)

Tagebuch der letzten Jahre

5.45 Uhr: Tagesbeginn
6.15 Uhr – 8.00 Uhr: Kinder je nach Einrichtungsbeginn wecken, befrühstücken und an drei Orten abliefern.
8:00 Uhr: Arbeitsbeginn (Nicht zu schaffen, das muss abends wieder reingeholt werden!)
10 Uhr – 12.30 Uhr: Notfall mit Pflegefall
13.00 Uhr: K1 kommt hungrig nach Hause (Tagespensum an Arbeit wird eeeeng! Abends muss es jetzt aber flutschen)
14.00 Uhr: K2 + K3 müssen abgeholt werden, auf dem Land keine Synergien möglich, nix Netzwerk
14.30 Uhr: Hausaufgaben überwachen
15 Uhr: Kind hat Hobby, Taxidienst
16 Uhr: Taxi, keine Synergien möglich, die beiden anderen jeweils im Schlepptau (Heiliger Bimbam, der Auftrag!)
17.00 Uhr: Kaffee #15, ein Problem mit Pflegefall, Hobby anderes Kind (Müde! Starker Espresso wird, MUSS! die Abendschicht am Schreibtisch richten.)
19.00 Uhr: Abendbrot (Gesicht im Wurstbrot, aber wenn jetzt der Espresso … klappt das noch am Schreibtisch.)
20.30 Uhr: Kinder im Bett. Mamamotzt fertig.
20.35 Uhr: NEIN! Der Elternabend (der Lehrerin, die Alleinerziehenden nichts zutraut, sie für chronisch überlastet hält und der Mamamotzt deshalb unbedingt das Gegenteil beweisen muss) ist heute!
Beginn war: 19.30 Uhr …