Jetzt geht´s los

Liebes Tagebuch,

jetzt geht´s los, was?!

Der Ex, der sich jetzt monatelang nicht gemeldet hat, auf Nachfragen nicht reagiert und beim Gericht neulich die Verhandlung um eine Unterschrift mit einer Umgangsbestellung verwechselte, ist selbständig zum Jugendamt (JA) und hat vorgetragen, dass er dringend seine Kinder zu sehen wünscht.

Das sind doch umwerfende Neuigkeiten! So weit ist er noch nie gegangen. Und er hat sich grundsätzlich nur für die Kinder interessiert, wenn er was anderes damit erreichen konnte. Ein „alleinerziehender Mann“ mit mehreren Kindern bekommt nämlich eine Menge Unterstützung. Das nahm und nimmt er gerne mit.

Interessant ist, dass mir die Mitarbeiterin vom JA deutlich machte, dass ich zustimmen muss, weil ich sonst Umgangsverweigerin bin. Und dass es bei den jüngeren Kindern ziemlich egal sei, was sie davon halten, wieder die hochwahrscheinlich unregelmäßigen Termine mit dem Vater erleben zu müssen. Grundsätzlich sind nämlich beide Elternteile wichtig und die erhebliche Unzuverlässigkeit ihres Vaters würden sie ja nun schon kennen und müssten sie daher hinnehmen.

Tja, liebes Tagebuch, ich danke dir, dass du immer meine Gedanken festhältst, so kann ich nachlesen. Sonst würde ich mir selbst manches gar nicht mehr glauben und denken, ich hätte es im Nachhinein falsch interpretiert.

Es ist also egal, dass wir nichts vom Ex wissen. Wenn meine Post an ihn zurückkommt und er seit vielen, vielen Monaten nicht auf die inzwischen vermutlich wöchentlichen Briefe der Beistandschaft (mehrere Kinder, mehrere Einzelverfahren) reagiert, dann spielt das also keine Rolle?!

Ja, ja, schon klar, Umgang und Unterhalt sind getrennte Themen.

Dass er sich an keine Abmachung hält, der er selbst zugestimmt hat und nicht erreichbar ist, ist auch egal?!

Er kann sich also Kinder bestellen wie bei Zalando, sobald er sie braucht, müssen sie antanzen? Und wenn er sie eben nicht braucht, dann bestellt er nichts?!
Es ist in Ordnung, dass er nichts von ihnen weiß? – Naja, meine Pflichtmitteilungen mache ich ja, aber Nachfragen kommen nicht und mit ein, zwei Rundummails pro Jahr weiß er ja wohl wirklich nur das nötigste. Und manchmal habe ich sie bestimmt auch schon vergessen. Da kam auch keine Nachfrage.

Was sagt die Mitarbeiterin wohl dazu, dass Ex hier gelegentlich auftaucht und uns auflauert? Ob das auch ok ist, wenn MANN es nicht schafft, regelmäßig und nach festen Terminen seine Kinder zu sehen?
Dass MANN Feiertage und Feste verstreichen lässt, sich nur an die Geburtstage ausgewählter Kinder erinnert und andere unterschlägt, dass MANN den Kindern Versprechungen macht und noch nicht eine einzige eingehalten hat?!

Hässlich finde ich, dass die Kinder nun auch noch gehört werden müssen, sich werden sich entscheiden müssen, werden noch tiefer in einen Loyalitätskonflikt gestürzt werden und das alles ist supermegaoberüberflüssig.

Wir sind hier. Es gibt alles, was der Ex will doch schon fünfmal neu und neuer und allerneust auf Papier mit Stempel vom königlich-ländlichen Amtsgericht.

Er müsste doch nur kommen. Oder rechtzeitig bzw. überhaupt absagen, wenn es halt nicht klappt mit einem Umgangstermin.

Warum wohl glaube ich ganz fest, dass er vor allem die Kinder sehen will, weil er einen Kontaktnachweis braucht für sein Leben. Damit er irgendwas bekommt oder behalten kann?
Weil die Erfahrung es mich lehrt. Es war immer so bei ihm.

Nun dauert es noch, liebes Tagebuch, bis der Termin stattfindet. Ich vergleiche anschließend meine heutigen Gedanken und Vermutungen mit dem, was tatsächlich passiert(e).

Deine Mamamotzt

Stinkig

Einer der Brillanten hatte Geburtstag. Eine besondere Geburtstagsfeier war angesetzt, weil Mamamotzt nicht wie in über 30 Geburtstagen zuvor das gleiche Programm bieten wollte und konnte. Stattdessen wurde mit der Familie auf einem Nachbargrundstück eine großartige Großfamilienfeier gefeiert. Irgendwann mal gab es einen gerichtlichen Vergleich, dass sich der Ex zu Kindergeburtstagen pünktlich eine halbe Stunde nach Feierende einfinden solle, um noch eine Stunde Zeit mit dem jeweiligen Jubilar zu verbringen, bevor dieser ins Bett müsse. Beenden Sie mal einen Kindergeburtstag pünktlich um xx Uhr. Damit Sie schnell aufräumen können und alsdann das aufgedrehte Ehrenkind wieder einen freien Kopf für seinen Umgangselternteil haben möge. (Welcher Umgang? – Ach, anderes Thema.) Soweit die Theorie. Klappte einmal. Ex kam überpünktlich 30 Minuten (und platzte mal wieder aufmerksamkeitsheischend herein) zu früh zur Feier. Während der 60 Minuten Aufenthalt, in denen er selbstverständlich bewirtet wurde, führte er mindestens fünf Telefonate und erzählte jeweils laut und fröhlich, dass er soeben eine tolle Geburtstagsparty mit einem Brillanten feiere. Besagter Brillant spielte indessen alleine mit seinen Geschenken. Als der Ex satt war, verließ er die tolle Party. Zu den folgenden Geburtstagen kam er nicht mehr. Er hätte verstanden, die Kinder seien in Urlaub und nicht zu Hause. (Nein, eher nicht, so mitten im Schuljahr. Doch woher soll er das als treusorgender Vater wissen u.s.w. … ^^)

Verschollen seit Herbst

Nun ist der Ex seit Herbst 2014 verschollen. Es gibt Gerüchte, aber er selbst rückt keine Information raus. Der Zwangsvollstrecker versucht, seiner habhaft zu werden. Bislang erfolglos. Ihm droht Beugehaft, weil er sich nicht meldet (Unterhalt). Das Unterschriftendrama wegen der Therapie noch im Kopf, die letzten, tonlos vergangenen Geburtstage und Weihachten, Neujahr und Ostern ohne einen Piep seinerseits im Gedächtnis kam wieder ein Geburtstag. Und mit ihm ein schlechtes Gefühl in Mamamotzts Magengegend. Würde Ex nochmal auftauchen? Ist sie paranoid, wenn sie ständig an sein Auftauchen denkt, er aber längst das Interesse an den Brillanten verloren hat? Es war doch defintiv lange Kontaktpause, würden andere Menschen sagen. Aber Ex ist nicht berechenbar. Gar nicht. Und lang ist bei ihm gar nichts. Was ist schon ein Dreivierteljahr?!

Familienfeier mit Torte und Wasserspaß

Bei formidablem Juliwetter, mit leckerer Torte und Kaffee, vielen raren Verwandten und einem Ausflug ins Schwimmbad verlief die Feier bestens. Abends eilte Mamamotzt heimwärts, um Abendspeise von zu Hause an den Feierort auf dem Nachbargrundstück zu holen. Da sieht sie vor dem Haus einen Mann auf und ab laufen. Sie dreht erschrocken um. Der Ex?!? Und um diese Zeit?!? Eine völlig willkürliche Zeit, nicht die im gerichtlichen Beschluss festgehaltene zumindest. Aber er war doch schon so lange nicht da?! Hat sich nie gemeldet. Kommt er wirklich ausgerechnet an diesem Tag??? Mamamotzt bespricht sich kurz mit der Familie und befindet, dass sie nicht kneifen wird, sondern ihm Paroli bieten wird. Wieder Richtung Haus und Abendspeise. Die Gäste haben schließlich Hunger! Kein Ex vor dem Haus, puh! Dafür: die Wohnungstür verrammelt wie Fort Knox. Achja, ein Brillant war nicht mit beim Schwimmen, wollte noch lernen und ist evtl. noch kurz was besorgen gegangen. Erstaunlich gut abgeschlossen, die Wohnung. Wie selten! In der Wohnung dann: heftiges Schluchzen! Der heimatliche Brillant hatte sich erschrocken, als es klingelte, sich der Ex am Türsummer meldete und vorgab, das Geburtstagskind zu sein. (!) Daraufhin verrammelte der Brillant vorsichtshalber die Wohnung und schickte angstvolle SOS-SMS an Klassenkameraden. Mamamotzt hatte leider wegen Schwimmbad kein Handy dabei …

Geburtstagsbrilli bricht zusammen

Mamamotzt beruhigte das heulende Kind einigermaßen („So Scheiße, wenn man Angst vorm eigenen Vater haben muss!“), kehrte mit Abendspeise zu den halbverhungerten Gästen zurück und musste auch dem Geburtstagsbrillant reportieren. Woraufhin dieser zusammenbrach. Die Sehnsucht der Brillanten nach dem Ex ist natürlich, also: es liegt einfach in der Natur des Menschen, enorm. Das Verständnis, dass es so nicht geht, ist aber auch da. Und die verpasste Chance brennt wie Feuer. Obwohl es genauso brennt, dass die Geschwister von diesem tollen Papa, der extra zum Geburtstag kommt, mit keinem Ton, wirklich keinem!, bedacht werden. Ein Trauerspiel. Der Feiertagsbrilli ließ sich letztlich beruhigen, krümmte sich wie sich ein Riesenaffenbaby auf Mamamotzts Schoß und musste viele liebe, positive Worte empfangen und konnte den Tag noch zufrieden beenden. Auch der erschrockene Brillant konnte sich nach einer Packung, oder eher zwei, Tatüs wieder einkriegen und lenkte sich mit intensiver Beschäftigung mit minikleinen Nachwuchsbrillanten ab.

Was bleibt

Was bleibt, ist das schale Gefühl, dass der Ex unberechenbar ist. Man kann nie davon ausgehen, dass er wirklich abtaucht. Irgendwann kommt er wieder und bringt in seiner Plumpheit und mit seinem gottgleichen Selbstverständnis die Familie durcheinander. Was er auch schafft, wenn er nicht tut, was von ihm erwartet wird, weil es wirklich supersimpel ist, siehe Unterschrift.

Bei Gericht

Ein Gericht, eine terminierte Anhörung, eine Anwesende und ein Richter.

Der Richter erfragt die Gegebenheiten, sucht nach dem sogenannten Antragsgegner, findet keinen und beginnt sein Diktat ins Aufnahmegerät. Als er fast fertig ist, geht die Tür auf ein Ex aka Antragsgegner betritt die Szene.

Er wird befragt und nutzt die Chance zum großen Gegenschlag. Er habe von nichts gewusst. Das Einschreiben sei so flugs verschwunden, dass er es nicht abholen konnte. Ansonsten sei er überhaupt nicht in Kenntnis gesetzt worden und werde absichtlich massiv von seinen Kindern ferngehalten.

Er müsse sich nicht rechtfertigen, um Umgang zu haben.

Der Richter versucht, dazwischen zu dringen und an das Thema Teilsorge zu erinnern.

Es sei doch völlig gleich, wie und wo er seine Zeit verbringe und mit was er sich beschäftige oder wie er den Umgang gestalte, er habe biologisch das Recht auf Umgang. Weil die Brillanten nur ihn als Vater hätten.

Der Richter bestätigt, dass Umgang generell wichtig sei. Aber in diesem Gespräch gehe es bitte um Teilsorge.

Ex findet es unmöglich, dass er auf seine Mails an Mamamotzt keine Antwort bekomme. Die wiederum fragt sich, welche Mails er ihr geschrieben hat?

Ex wettert und schimpft und wedelt mit einen riesigen Stapel loser Zettel herum, legt sie links auf den Tisch, stapelt sie ein wenig rechts einen auf den anderen auf, ordnet sie auf den Tisch hauend und tut alsdann gleiches auf der rechten Seite.

Mamamotzt fragt sich innerlich, warum Ex nicht nachhakte, worum es gehe, sobald er die Ladung erhalten hatte. Es waren gut vier Wochen Zeit. Irgendwie wundert sie sich auch, warum Ex nicht jetzt mal fragt, was der Brillant hat und in welcher Hinsicht er leidet.

Derweil ist Ex beschäftigt, darzulegen, wie schlecht Mamamotzt ist und wie negativ sie auf die Brillanten einwirkt. Und hat tatsächlich keinen Drucker, denn er hat alle ihre Mails abgeschrieben und wedelt damit herum! Siehe Zitat aus altem Blogpost:

Warum keine Mail, kein Fax, kein sonstnichts?
Weil Ex nicht über einen Drucker verfügt. Und falls er inzwischen einen hätte, wäre Papier oder Farbe alle und er zu klamm, neues zu kaufen, oder, oder, oder.
Es war die vermeintlich leichteste Möglichkeit für ihn, dem Kind die benötigte Unterschrift zu gewähren.

Der Richter fragt immer wieder, ob der Ex denn bereit sei, die Unterschrift an Ort und Stelle zu leisten. Und der Richter erinnert immer wieder daran, dass es gerade um Teilsorge geht. Nicht um Umgang.

Schließlich unterschreibt Ex gönnerhaft nach gewissenhaftem Studium des Infozettels, der ein blanker Infozettel mit drei Adressen (seiner, der von Mamamotzt und der der Praxis) ist, sonst steht nur noch drauf, dass beide Eltern einer Behandlung in der Praxis zustimmen müssen. Mehr nicht. Worum es bei Therapie geht, weiß Ex also immer noch nicht. Er fragt auch nicht. Warum auch, ihn interessiert nur der ihm rechtlich zustehende Umgang.

Und Telefonate mit den Kindern. Und dass mal endlich einer feststellt, wie blöd Mamamotzt ist. Die kümmert sich gar nicht um das Kindeswohl, das im wesentlichen aus Umgang mit Ex besteht. Und zitiert uralte Kamellen.

Auf Fragen, was er beruflich macht und wieso er den Umgang nicht an den vereinbarten Terminen wahrgenommen hat, geht er nicht ein. Muss er ja auch nicht, denn: rischdisch, es geht ja nicht um Umgang sondern um Teilsorge.

Der Richter erklärt zum ca. zwölften Mal, dass es gerade um Teilsorge geht, das ja aber auch egal sei, weil es sich soeben durch Exens Unterschrift erledigt habe. Aber er hege ein wenig den Eindruck, dass die Kommunikation zwischen beiden Elternteilen nicht … besonders gut … laufe.
Und daran wiederum könne er jetzt hier gar nichts ändern. Aber um Aktionen wie diese quantitativ in Grenzen zu halten, wäre es total prima, wenn sich die Kommunikation verbessere. Das Jugendamt könne prima helfen. Wenn beide einverstanden wären.

Das diktierte er sodann in sein Aufnahmegerät.

Auf der Aufnahme wird auch zu hören sein, wie Ex darauf besteht, dass es für die Brillanten total wichtig sei, Umgang mit ihm zu haben. Mindestens zweimal setzte der Richter seine Aufnahme neu an, weil der Ex einfach parallel punkt- und kommafrei weitersprach, aber beim dritten oder vierten Mal war es dem Richter wohl egal.

Stimme aus dem Off: So wurden locker zwei Monate verplempert bei der dringend angezeigten Behandlung des Brillanten. Aber das macht nichts, denn am Ende siegte die Vaterliebe und der den Brillanten über alles liebende Vater hat letztlich zugestimmt und das allein ist wichtig.
Blöde Mamamotzt, die sich um rein gar nichts kümmert.

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VORHANG ZU